Die SPD Wuppertal in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung bekam gestern Abend besonderen Besuch: Der britische Junghistoriker und Labour-Parlamentsabgeordnete Tristram Hunt (s. Einzelbilder) war gekommen, um aus seiner Biographie von Friedrich Engels zu lesen und das Werk zu kommentieren.
Vor gut gefüllten Reihen trug Hunt zunächst eine Passage vor, die den jungen, genussorientierten und den Freuden des Lebens nicht abgeneigten Friedrich Engels geradezu bildhaft auf der Fuchsjagd zeichnete, und die Hunt mit dem sehr britischen Kommentar beschloss: „As you can see, a true champagne socialist“ – ein wahrer Champagner-Sozialist, also.
In seinem Vortrag ging er sodann auf die spezifischen Unterschiede zwischen den beiden Gründervätern des Kommunismus ein: Während Marx eher der kopflastige Schreibstubentheoretiker gewesen sei, der sich gegen Ende seines Lebens zunehmend in wissenschaftlichen Detailfragen verrannt habe, sei Friedrich Engels in seiner Janusköpfigkeit als wohlhabender, durchaus profitorientierter Unternehmer einerseits und pragmatischer Vorkämpfer des Sozialismus andererseits geradezu der Gegenentwurf gewesen. Auf die konkrete Frage aus dem Publikum, ob sich denn Engels so gar nicht um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in seinen Fabriken bemüht habe, entgegnete Hunt ein lakonisches „No“: Schließlich hätte das nach der Logik von Engels und Marx die ansonsten unausweichliche Revolution nur unnötig hinausgezögert. Und dennoch: Gerade weil Engels dann gegen Ende seines Lebens mehr für eine Veränderung des Systems von innen heraus statt durch eine plötzliche Revolution eingetreten sei, biete er der modernen Sozialdemokratie viele Denkanstöße und Anknüpfungspunkte.
Zu dem Abend trugen ferner Andreas Bialas mit einer kurzen Lesung auf Deutsch aus der Übersetzung von Hunts Werk bei, sowie Igor Parfenov mit seinen musikalischen Einlagen am Flügel; an der sich anschließenden Podiumsdiskussion nahmen ferner die ehemalige Leiterin des Karl-Marx-Hauses in Trier, Beatrix Bouvier, Eberhard Illner, Leiter des historischen Zentrums rund um das Engels-Haus, Dietmar Bell, der SPD-Vorsitzende in Wuppertal und Alexander Konrad als Übersetzer und Moderator teil. Gut 100 Wuppertalerinnen und Wuppertaler blieben danach noch in lockerer Runde im Foyer, um sich ihre Buchexemplare signieren zu lassen und mit dem Autor bzw. den Podiumsteilnehmern das Gespräch zu suchen: Ein sehr gelungener Abend mit internationalem Flair.