Die neue alte Melodie von Schwarz-Gelb
Im Düsseldorfer Landtag wurde heute Armin Laschet zum NRW-Ministerpräsidenten gewählt. Dazu erklären Dietmar Bell, Andreas Bialas und Josef Neumann:
„Zunächst einmal gratulieren wir Herrn Laschet zu seiner Wahl, das gehört sich so unter Demokraten.
Das Programm unter dem er antritt entpuppt sich allerdings als Rollback zum Mantra „Privat vor Staat“, da trägt die FDP eine deutliche Handschrift.
Entfesselung und Bürokratieabbau sind nur Synonyme für den Rückzug des Staates aus seiner gesellschaftlichen Verantwortung. Da wo es etwa um Arbeitnehmer- und Verbraucherrechte geht, wie beim Tariftreugesetz und Mieterschutz, soll radikal rasiert werden. Erneuerbaren Energien wird ein Riegel vorgeschoben, die Flächen für Windräder werden um 80% reduziert. Zu den Bereichen Kultur, Medien und Soziales lesen wir im Koalitionsvertrag wenig bis gar nichts, was deren Stellenwert im Regierungsprogramm anzeigt.
Die Einführung von Gebühren für Studierwillige aus Nicht-EU-Ländern schottet Nordrhein-Westfalen international ab und ist perspektivisch ein Einfallstor für generelle Studiengebühren, da haben sich die schwarz-gelben Koalitionäre derzeit noch nicht getraut. Zudem ist es vielsagend, dass die Bereiche ‚Forschung und Innovation‘ dem Wirtschaftsministerium zugeschlagen werden. Nicht unabhängige Wissenschaft, sondern Hochschulen die stärker und nachhaltig rein wirtschaftlichen Verwertungsinteressen dienstbar gemacht werden, ist offenbar das Ziel.
Nicht zuletzt die Kommunen mit angespannter Haushaltslage, so auch Wuppertal, müssen mit gravierenden finanziellen Einschnitten rechnen, sollten die im Koalitionsvertrag vereinbarten Pläne umgesetzt werden. Der Soziallastenansatz wird nach unten gefahren, d.h. es gibt zukünftig durch das Gemeindefinanzierungsgesetz deutlich geringere Schlüsselzuweisungen vom Land für jene, insbesondere Großstädte, die mit starken sozialen Problemlagen zu kämpfen haben. Darüber hinaus soll es Begrenzungen bei den Grund- und Gewerbesteuer-Hebesätzen geben, die ebenfalls zu spürbaren kommunalen Mindereinnahmen führen werden.
Andererseits enthält der Koalitionsvertrag einen großen Wunschzettel. Für den Bereich der Kitas, Polizei, Justiz, der Verkehrsinfrastruktur, der Digitalisierung und bei der Rückkehr zu G9 soll viel Geld in die Hand genommen – summa summarum 3,3 Milliarden Euro. Keiner weiß bislang genau, wo das Geld dazu eigentlich herkommen soll. Schwarz-Gelb sollte sich ehrlich machen, und den Bürgerinnen und Bürgern klar und deutlich sagen, wie das alles seriös finanziert werden kann, ohne in anderen wichtigen Bereichen schmerzlich streichen zu müssen. Jedenfalls lesen wir zu einer soliden Gegenfinanzierung der wohlfeilen Ankündigungen im Koalitionsvertrag nichts!“